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Deutschland

(Quelle: Wikipedia) Nach einer Urkunde aus der Pfalz soll der erste Tabak in Deutschland im Jahr 1573 im Pfarrgarten von Hatzenbühl (Hochstift Speyer) angebaut worden sein. Die Geistlichen jener Zeit galten oftmals als Übermittler botanischer Neuerungen und neuer medizinischer Anwendungen. So interessierte zunächst die Anwendung von Tabak in der Medizin. Pfalzgraf Friedrich IV. ordnete bereits 1598 Anbauversuche in der Kurpfalz an. 1615 wurde in Holland der erste Tabakbau zu Erwerbszwecken aufgenommen. „Holländischer Knaster“ in der „Delfter Thonpfeife“ geraucht und holländischer Schnupftabak wurden zur Mode. Holländische Tabakbauern ließen sich im Raum Mannheim nieder und bauten die Sorten „Amersforter“, „Geudertheimer“ und „Goundie“ an. Durch die im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) in Deutschland herumziehenden Söldnerheere wurde das Tabakrauchen stark verbreitet. Die in der Markgrafschaft Baden-Durlach und dem Hochstift Speyer aufgenommenen Hugenotten brachten Tabaksamen und Anbauerfahrung aus Frankreich mit und schufen damit die Voraussetzung für die weitere Verbreitung des Anbaus in Deutschland. Die mitgebrachte Tabaksorte wurde nach der neuen Heimat „Friedrichstaler“ genannt. Herrschaftshäuser in Ostdeutschland warben Hugenotten und Pfälzer als Tabakbauern mit großzügigen Privilegien an. So entstanden auch in Pommern und der Uckermark bedeutende Anbaugebiete. Im Jahr 1708 erwähnte der Geograph Johann Gottfried Gregorii alias Melissantes den exzellenten Tabak aus Wasungen in Thüringen.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einer großen Ausbreitung; ca. 200.000 Landwirtschaftsbetriebe bauten damals auf über 30.000 ha Tabak an. (Baden 10.000 ha, Preußen 7.000 ha, Bayern einschl. Pfalz 7.000 ha, restliche deutsche Länder 6.000 ha). Ab Anfang des 20. Jahrhunderts wurde für die kleinbäuerliche Landwirtschaft insbesondere in Baden und der Südpfalz Tabak eine der wichtigsten Einnahmequellen. Im Jahr 1927 wurde der Interessenverband der deutschen Tabakpflanzer in Berlin gegründet. Tabak bot vielen Landwirtsfamilien sowie vielen Taglöhnern Arbeit und Einkommen, nachdem 1920 ein Beimischungszwang für heimischen Tabak in Zigarren und Zigaretten in Deutschland eingeführt worden war. Zur Verbesserung der deutschen Tabakqualitäten wurde 1927 ein Tabakforschungsinstitut Forchheim m init Paul Koenig als erstem Direktor gegründet.

Die europäische Tabakblauschimmel-Pandemie im Jahr 1960, die durch unvorsichtiges Hantieren eines Wissenschaftlers mit dem bei Tabak den sogenannten Falschen Mehltau hervorrufenden Pilz peronospora tabacina an der Bundesanstalt für Tabakforschung in Forchheim verursacht wurde, stellte das Überleben vieler landwirtschaftlicher Betriebe in Frage. Der damals bereits begonnene Strukturwandel der Landwirtschaft wurde in den Tabakanbaugebieten durch diesen Einkommensverlust noch verstärkt. Der Tabakanbau spielt in Deutschland seit der Jahrtausendwende nur noch in wenigen Regionen (Südpfalz, Nordbaden, Uckermark) eine wirtschaftlich bedeutsame Rolle.

Mit 4.600 ha Tabakanbau in Deutschland (2009) hat sich die Anbaufläche seit Jahren kaum verändert. Das größte Anbaugebiet liegt in Baden-Württemberg (39 %), gefolgt von Rheinland-Pfalz (26 %), Bayern (16 %) und Brandenburg (7 %). Alle anderen Länder haben mit zusammen 12 % Anbauflächenanteil geringe Bedeutung. Seit dem Wegfall der Subventionen durch die EU im Jahr 2010 wurde der Anbau von luftgetrockneten Tabaksorten in Deutschland eingestellt. Die verbliebenen Virginsorten mit künstlicher Trocknung werden auf ca. 2000 ha (2019) angebaut.

Mit 4000 Arbeitsstunden pro Hektar war der Arbeitsaufwand (Ende 19. Jahrhundert) allerdings sehr hoch, aber die Einnahmen pro Flächeneinheit um das 10 bis 20-fache höher als bei Getreideanbau. Durch entsprechende Mechanisierung konnte inzwischen der Handarbeitsaufwand gesenkt werden, beträgt bei den verbliebenen Virginsorten (2018) noch immer ca. 400 h/ha.

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